Enquete am 26.04.2018: Raus aus Atom! Lob für die Bundesregierung, neue (Heraus-)Forderungen angesichts bedrohlicher Entwicklungen | FWU | Forum Wissenschaft & Umwelt

Lob für die Bundesregierung, neue (Heraus-)Forderungen angesichts bedrohlicher Entwicklungen

 

Rund 80 Personen aus NGOs, aus Wissenschaft und Forschung, von Sozialpartnern, aus Diplomatie und Verwaltung sowie interessierte Bürger konnte Prof. Dr. Reinhold Christian, geschäftsführender Präsident bei der Enquete des Forum Wissenschaft & Umwelt „Raus aus Atom. Für einen weltweiten Ausstieg aus ziviler und militärischer Verwendung von Atomenergie“ anlässlich des 32. Jahrestages der Katastrophe von Tschernobyl am 26.04.2018 begrüßen. Hochkarätige Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland referierten zum Teil kontrovers zum Thema. Für die Unterstützer der Veranstaltung sprachen Waltraud Karner-Kremser, MAS (Abgeordnete zum Wiener Landtag) und Mag. David Reinberger (Wiener Umweltanwaltschaft) Begrüßungsworte.

 

Ziel der Enquete war es die Stadt Wien in ihrer Anti-Atom-Arbeit zu unterstützen und Wissen über die Zusammenhänge ziviler und militärischer Verwendung von Atomenergie zu vertiefen und weiterzugeben, Auswirkungen der Atomwaffen-Technik auch bei Nicht Verwendung aufzuzeigen, die „humanitäre Initiative“ für ein weltweites Verbot für Atomwaffen zu unterstützen sowie weitere Zielgruppen anzusprechen und die Vernetzung der Akteure zu stärken.

 

„Österreich hat den Atomwaffen-Verbotsvertrag ratifiziert und in sehr erfreulicher Weise in der zugrunde liegenden „humanitären Initiative“ eine wichtige Vorreiterrolle gespielt. Damit fühlen wir uns auch in unserer Aktivität, insbesondere unseren jährlichen Veranstaltungen zu einschlägigen Themen bestärkt und für weitere Vorhaben motiviert.“, so der geschäftsführende Präsident des FWU Prof. Dr. Reinhold Christian.

 

Die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Konflikts zwischen Nordkorea und den USA mit Atomwaffen konnte vorläufig verringert werden, waren sich die Referenten einig. Rund um den Iran bahnt sich eine neue Auseinandersetzung an. Vom Sicherheitsstrategen des US-amerikanischen Präsidenten John Bolton war zu hören, dass man 2019 den Sturz des Regimes in Teheran feiern will. China, Rußland und die USA rüsten auf. Länder der EU wollen ihr militärisches Arsenal modernisieren. Zur Strategie der NATO gehört es, auch Rohstoffe militärisch zu sichern. Am Beispiel Israels zeigt sich, dass auch Länder mit Atomwaffen angegriffen werden. Alles im Allem braucht es friedliche Lösungen und Abrüstung anstelle des Wiedereinstiegs in die Aufrüstung.

 

Rußland beabsichtigt in der Türkei Atomkraftwerke zu errichten. Es besteht die Gefahr, dass damit auch der Run auf die Atombombe beginnt. Auf der anderen Seite kann die Türkei mit dem Einstieg in die gestrige Energietechnologie keine Unabhängigkeit erlangen.

 

Uranmunition verursacht über viele Generationen Krankheit und Tod bei der Zivilbevölkerung. Folglich ist die Verwendung ethisch nicht vertretbar, militärisch unverhältnismäßig und völkerrechtlich fragwürdig. Uranwaffen sollten weltweit durch einen Verbotsvertrag verboten und beseitigt werden.

 

Österreich verfügt dank der knappen Entscheidung um Zwentendorf zwar über kein Atomkraftwerk, doch ist es selbst seit Anfang der 2000er Jahre ein Stromimporteur und damit ein Nutzer von Atomstrom und indirekt auch Produzent von Atommüll. Angesichts steigender Strombedarfe ist es noch ein langer Weg zur Stromautarkie mit erneuerbaren Energien.

 

Zusammen mit dem Publikum wurde nach Antworten auf die Frage gesucht, was man als Organisation aber auch privat gegen den Einsatz von Atomenergie und Kernwaffen tun kann. Ein interessantes Beispiel ist dabei die Initiative „Don’t Bank on the Bomb“, die über Investitionstätigkeiten vieler großer Banken weltweit informiert und zu Deinvestments im Rüstungsbereich aufruft.

 

Experten und hochinteressierte Teilnehmer machten die Tagung zu einem vollen Erfolg und ermöglichten einen spannenden Austausch sowie die weitere Vernetzung von Organisationen und Wissenschaft im deutschsprachigen Raum – ganz im Sinne einer weiteren Erkenntnis des Tages: Nur durch internationales Zusammenwirken kann transnationalen Problemen und Gefahren angemessen begegnet werden.

 

 

Forderungen an die österreichische Bundesregierung bzw. –politik sind:

  • Einsatz für die Internalisierung der externen Kosten bei der Strombereitstellung sowie die Ökologisierung der Steuern auf nationaler und europäischer Ebene
  • Überdenken des Wachstumskurses in der Wirtschaft (Österreich ist seit Anfang der 2000er Jahre Netto-Importstromland, …)
  • Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten für die Bevölkerung und die Unternehmen in Österreich beim Ausstieg aus der Nutzung von Atomenergie sowie Vorangehen mit guten Beispiel (Botschaften auf erneuerbare Energieträger umstellen, …) – Appell an die Eigenverantwortung (besser leben mit weniger Energie:  z.B. Effizienzsteigerung, Umstieg auf Ökostrom, …)
  • Beitrag zur weiteren Aufklärung der Bevölkerung (zivile Nutzung der Atomenergie = militärische Option auf die Atombombe, Folgen der Nutzung der Atomenergie mit der Gewinnung des Urans bis zum ungelösten Problem der Endlagerung, Ausstieg aus der Atomenergie muss auch Stilllegung von Aufbereitungsanlagen heißen)
  • Stärkung der Zivilgesellschaft
  • Diskussion über Vor- und Nachteile sowie die Prüfung der Machbarkeit des Ausstiegs aus dem EURATOM-Vertrag
  • Einsatz für die Schaffung von uranwaffen- sowie atomenergiefreie Zonen
  • Einsatz für die friedliche Lösung von Konflikten – Aufrüstung Stoppen; Suche nach Kompromissen – Gemeinsamkeiten vor Trennendem
  • Einsatz für die Weiterentwicklung des Völkerrechts z.B. Verbot und Ächtung des Einsatzes von Uranmunition, Einsatz von Uranmunition als Kriegsverbrechen, Beseitigung der Uranmunition aus Kriegsgebieten
  • viele andere Staaten zu möglichst baldiger Ratifikation des Atomwaffenverbots ermuntern
  • humanitäre Diskussion weiter führen und damit einen Beitrag leisten, auf das

sicherheitspolitische Kalkül der Atomwaffenbefürworter korrigierend einzuwirken

  • Unterstützung der osteuropäischen Staaten und der Entwicklungsländer auf dem Weg zur dezentralen Energiewende mit erneuerbaren Energien. Beispielsweise die Aktivitäten von Frankreich (Verkauf von AKWs) oder von Banken (Ausbau von Hochspannungsleitungen in Afrika) stehen dem entgegen.

 

 

Von den Referentinnen und Referenten freigegebene Unterlagen stehen zum Download zur Verfügung unter: http://www.fwu.at/einladung-zur-enquete-am-26.04.2018-raus-aus-atom.html

 

Rückfragen bitte an Prof. Dr. Reinhold Christian: 0699/120 18 571; office@fwu.at