Stellungnahme zum Regierungsprogramm 2017 bis 2020 an die Bundesregierung | FWU | Forum Wissenschaft & Umwelt

Das Forum Wisenschaft & Umwelt hat am 09.01.2018 eine Stellungnahme zum Regierungsprogramm 2017 bis 2020 abgeben und diese an die Bundesregierung versendet.

Der Text findet sich nachfolgend bzw. steht zum Download zur Verfügung.

 

Regierungsprogramm 2017 bis 2022

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
Sehr geehrter Herr Vizekanzler,
Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
Sehr geehrter Herr Bundesminister,

zu Ihrer neuen Funktion als Bundeskanzler, Vizekanzler, Bundesministerin, Bundesminister gratulieren wir Ihnen herzlich und wünschen Ihnen für Ihre Arbeit und die Umsetzung des Regierungsprogramms im Sinne des Wohlergehens der Bevölkerung und künftiger Generationen viel Erfolg!

An Ihrem Programm begrüßen wir vor allem Elemente, die Zukunftsorientierung zeigen, wie etwa die mehrfache Ansprache der notwendigen Energieeffizienz (die „Zauberformel“ muss „Halbierung des Bruttoinlandsbedarfs“ lauten – anders kann eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energieträgern ökologisch und sozial verträglich nicht gesichert werden) und vor allem das Bekenntnis zu völkerrechtlichen Verpflichtungen (die bisher wenig beachtet wurden) wie etwa zu Klimaschutz (Paris), Bürgerrechten (Aarhus) oder Agenda 2030 (Sustainable Development Goals). Um die damit implementierten Ziele auch tatsächlich zu erreichen, bedarf es allerdings eines tiefgreifenden und weitreichenden Wandels in vielen Politikbereichen. Dieser darf nicht konterkariert werden durch kontraproduktive Maßnahmen, deren einige freilich auch im Regierungsprogramm zu finden sind.

So ist festzuhalten, dass die Wasserkraft in Österreich so gut wie vollständig ausgebaut ist. Wir haben keine zweite Donau! Mit den meisten technisch und wirtschaftlich noch möglichen weiteren Vorhaben ist Naturzerstörung in größerem Ausmaß verbunden. Das kann durch „Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen“ (Seite 177) nicht vermieden oder ausgeglichen werden. Der Fokus auf „marktwirtschaftliche Kriterien“ erweist sich also als nicht ausreichend: Auch Naturschutz ist eine wesentliche gesellschaftspolitische Aufgabe!

Äußerst problematisch kann auch die mehrfach angesprochene Verfahrensbeschleunigung sein, dies insbesondere dann, wenn sie im Einklang mit bisherigen Interventionen von Lobbyisten zu Kürzung von Bürgerrechten und Verwässerung von Umweltstandards führt. Aus unserer Sicht wird es dagegen wichtig sein, Verfahrensdauern nicht durch „Drüberfahren“ etc. zu verkürzen sondern durch präzise Vorbereitung der Projekte mit Beachtung der einzuhaltenden Standards und durch eine entsprechende Ausstattung der Genehmigungsbehörden, um Zeit und Qualität zu gewinnen.

Der von Ihnen angeführte Rahmen einer ökosozialen Marktwirtschaft wird begrüßt. Um Ihre Ziele zu erreichen ist es notwendig, Ressourcen zu verteuern und andere Faktoren, (insbesondere Arbeit!) zu verbilligen. Unter Ihrer Ansage „keine neuen Steuern“ verstehen wir daher nicht eine Erstarrung des gegebenen Steuersystems sondern das Einführen eines „Deckels“ für das Steueraufkommen, das tendenziell ja gesenkt werden soll. Die Textstellen „kontraproduktive Anreize und Förderungen im Energie- und Umweltbereich eliminieren − Prüfung aller öffentlichen Förderungen auf Wirkungen, die der Erreichung der Energie- und Klimaziele entgegenstehen“ sowie „Evaluierung bestehender Förderinstrumente für erneuerbare Energien und darauf aufbauend stärkere Orientierung an marktwirtschaftlichen Kriterien“ verstehen wir ebenfalls ganz in diesem Sinne.

Ein kritisches Beispiel ist die zuletzt heiß diskutierte Frage der dritten Piste beim Flughafen Schwechat. Wenn ein so großer Verursacher von Emissionen aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll erscheint, so wäre eine Klima- und Energiestrategie vorzusehen, in der diese Emissionen einkalkuliert sind, die aber dennoch die Ziele der Dekarbonisierung („Paris“) verfolgt und erreicht. Die zukunftsweisenden Ziele Ihres Programms wegen eines – wenn auch vielen noch so wichtig scheinenden – Einzelfalls zu missachten, darf in der künftigen Politik Österreichs keinen Platz haben!

Es gilt vielmehr sicherzustellen, dass die Realisierung von „Ziel A“ nicht die Erreichung von „Ziel B“ behindert oder gar unmöglich macht. Zu diesem Zweck sollte ein Begleit- und Koordinierungsmechanismus in der Regierung (und in adäquater Weise wohl auch bei der Gesetzgebung) etabliert werden, der die widerspruchsfreie Umsetzung des Regierungsprogramms in Hinblick auf die SDG´s der Agenda 2030 sichert.

Das Forum Wissenschaft & Umwelt ist in der Lage, dafür in unseren thematischen Kernbereichen (Zukunftsfähigkeit, Umwelt, Klima, Energie, Biodiversität, Bürgerrechte, …) wissenschaftliche Kompetenz einzubringen. Die gut abgewogenen Entscheidungen müssten freilich von politisch erfahrenen und entsprechend beauftragten Personen getroffen werden.

Wir freuen uns, wenn wir mit dieser Anregung zum Erfolg der Regierungsarbeit beitragen können und sind mit den besten Empfehlungen

Prof. Dr. Reinhold Christian  Univ.-Doz. Dr. Peter Weish
Geschäftsführender Präsident  Präsident

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