Pressekonferenz: Die Lobau – ein Naturjuwel zwischen Leben und Tod: Was zu ihrer Rettung geschehen muss 04.05.2022 | FWU | Forum Wissenschaft & Umwelt

Dramatische ökologische Situation ++ Lobau trocknet aus +++ großflächige Wiedervernetzung mit der Donau gefordert +++ Appell an den Wiener Bürgermeister

Während etwa im niederösterreichischen Teil des Donau-Auen-Nationalparks seit Jahren die Wälder zur Donau hin geöffnet und ehemalige Nebenarme wieder an den Strom angebunden werden, schaut die selbsternannte Umweltmusterstadt Wien dem Sterben des ihr anvertrauten Teils des Nationalparks tatenlos zu. Nicht nur das – sie unterbindet tatsächlich die seit Jahren auf dem Tisch liegenden Renaturierungskonzepte. „Das ist eine aktive Sterbehilfe“, so Ulrich Eichelmann von Riverwatch.

„Wir wollen nicht mehr länger zuschauen, wie ein Naturjuwel unmittelbar vor unserer Haustür zugrunde geht und die Wiener Stadtregierung ungerührt dabei zusieht. Die Lobau braucht Wasser, und zwar viel und sofort!“, so der Ökologe Peter Weish vom Wiener Naturschutzbund. Und weiter: „Als ersten Schritt in eine bessere Zukunft möchten wir Bürgermeister Ludwig herzlich zu einer Ortsbesichtigung einladen. Ich hoffe, er nimmt die Einladung an. Die Lobau muss Chefsache werden!“

Spätestens mit Einbeziehung der Unteren Lobau in den Nationalpark Donau-Auen war klar, die alte Dynamik der Landschaft durch Wasserdotierungen von Donau, Alter oder Neuer Donau wenigstens partiell wieder herstellen zu müssen.

Konkrete Pläne zur lebenserhaltenden Versorgung der Lobau mit Wasser gibt es bereits seit 1973. Seit Anfang der 1990er-Jahre wird die Obere Lobau von der Alten und der Neuen Donau her bewässert – mit überaus zähem Fortschritt und wechselndem Erfolg.

Die Untere Lobau – zweifellos wie der Stephansdom ein Prunkstück der Stadt Wien – wurde von der Politik beharrlich ignoriert und durch Entscheidungslosigkeit und Desinteresse zum Sterben verurteilt.

Dahinter verbirgt sich ein vermeintlicher Interessenskonflikt zwischen den Anforderungen des Naturschutzes, den Vorgaben des Nationalparkgesetzes und der zeitweisen Nutzung des Grundwassers der Lobau durch die Stadt Wien.

Er manifestiert sich in einer 2015 abgeschlossenen umfassenden Studie zu Möglichkeiten, die Gewässer der Lobau mit der Donau zu vernetzen. Der eindeutige Befund: Ohne Management, ohne signifikant Wasser in die Lobau zu leiten, geht dieser wertvolle Lebensraum verloren.

Im Licht der Grundwassernutzung lautete der letzte Satz des 197 Seiten starken Werks dennoch: „Geeignete Lösungen dieses Konfliktes müssen zukünftig noch entwickelt werden.“

Seitdem sind sieben Jahre vergangen. Nichts wurde entwickelt.

Die Teilnehmer der Pressekonferenz halten übereinstimmend fest:

„Auch wenn der Status ‘Nationalpark’ grundsätzlich eine Grundwassergewinnung zulässt, darf die Grundwassergewinnung nicht eine Verschlechterung des ökologischen Zustands und einen Biodiversitätsverlust zur Folge haben.“

Kurzfristig umzusetzende, erste Maßnahmen, um aus der Patt-Stellung herauszukommen:

Testweise Einleitung von Wasser, um abzuklären, ob die Brunnen abseits der Annahmen von Modellberechnungen tatsächlich gefährdet sind.
Im Wasserwerk Lobau eine moderne Aufbereitungsanlage installieren.
Das eigentliche Ziel muss aber die Wiederanbindung der Unteren Lobau an die Donau sein. Damit bekäme Wien endlich auch eine echte Au zurück.

Wir fordern die Stadt Wien auf, endlich zu handeln und schlagen vor, sich von unabhängigen ExpertInnen des Österreichischen Biodiversitätsrates bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Redynamisierung begleiten zu lassen.

Sprecher und Kontakte:

  • Peter Weish (Naturschutzbund, Forum Wissenschaft & Umwelt), peter.weish[@]univie.ac.at, 06504793331
  • Thomas Hein (BOKU Wien; ÖK-IAD), thomas.hein[@]boku.ac.at, 069912340200
  • Manfred Christ (Lobaumuseum), redaktion[@]lobaumuseum.wien
  • Christian Griebler (Universität Wien), christian.griebler[@]univie.ac.at, 06765917031
  • Elisabeth Haring (NHMW, ZooBot Österreich), elisabeth.haring[@]nhm-wien.ac.at, 0152177 332
  • Ulrich Eichelmann (Riverwatch), ulrich.eichelmann[@]riverwatch.eu, 0676 6621512
  • Helmut Sattmann (NHMW), helmut.sattmann[@]nhm-wien.ac.at, 06803025024

Datum: 4. Mai 2022, 11:00 Uhr

Ort: Naturschutzbund Wien, Museumsquartier (Museumsplatz 1, Stiege 13, 1070 Wien)

Die Aussendung als pdf-Datei zum Download finden Sie hier.